35. Ötztaler Radmarathon 2015
30.August, 12:00 Uhr – ich (Philip Handl) biege gerade in St. Leonhard beim berühmten Kreisverkehr in Richtung Timmelsjoch ab. Der Blick geht nochmals unglaubwürdig auf die Uhr, doch die Fahrzeit betrug wirklich erst 5:15 h, was so viel bedeutete, dass ich gut in der Zeit lag, meinen Traum von 7:30 h zu verwirklichen. Doch auch wenn der Großteil der Strecke schon absolvierte wurde, stand mir die größte Hürde erst noch bevor: das berüchtigte Timmelsjoch. Doch alles des Reihe nach…
Der Startschuss zum 35. Ötztaler Radmarathon fiel bereits um 6:45 Uhr. Mehr als 4.000 begeisterte Radsportler stürzten sich auch heuer wieder in dieses Erlebnis, egal ob Profi oder reiner “Hobbysportler”. Die ersten Kilometer von Sölden durch das Ötztal hinaus nach Ötz waren sehr rasant und forderten maximale Konzentration.
In Ötz angekommen erwartete uns die erste Hürde: das Kühtai.
Schnell versuchten ein paar Fahrer ihr Glück und starteten bereits hier eine Attacke, doch mir genügte das Tempo der ersten großen Gruppe, mit der ich diesen Anstieg bewältigte.
Lage: planmäßig in der Zeit
Beine: noch verhältnismäßig frisch
Es folgte eine ziemlich lange Abfahrt durch das Sellrain nach Innsbruck, wo der 2. Anstieg hinauf zum Brennerpass begann.
Zum Glück war ich in einer relativ großen Gruppe, die ein gutes Tempo fuhr. Mit seinen durchschnittlichen 3% ist der Brenner nämlich ein sehr schneller Berg, bei dem der Windschatten eine große Rolle spielt.
Lage: auch hier auf die Minute laut Marschtabelle unterwegs
Beine: noch sehr gut
Ab Sterzing ging das Rennen aber erst so richtig los. Unsere Gruppe fuhr geschlossen in den Anstieg zum Jaufenpass. Es wurde aber ganz nach dem Motto:”Fressen oder gefressen werden” gefahren. Je mehr Höhenmeter bewältigt wurden, wurde die Anzahl der Fahrer immer geringer. Ich merkte aber ziemlich schnell, dass diese Geschwindigkeit für mich eine Spur zu schnell war und entschied mich deshalb für meinen eigenen Rhythmus.
Lage: immer noch gut in der Zeit
Beine: langsam werden die Tritte immer schwerfälliger…
Nun war ich in St. Leonhard und mein Traum von 7:30 h war zum Greifen nahe. Am Fuße des Anstiegs hoffte ich einfach, das Ding durchziehen zu können. Doch ich musste schnell feststellen, dass die noch vor mir liegenden 1750 hm eine extreme Qual werden sollten. Bei den hohen Temperaturen war es schwierig den Flüssigkeitshaushalt stabil zu halten und jede Kurbelumdrehung wurde noch härter. Als ich Moos erreichte und der eigentliche Aufstieg begann, war plötzlich der Stecker gezogen und ich brachte keinen richtigen Druck mehr aufs Pedal. Man musste in Etappen denken, von einem Tritt zum Nächsten. Das Laktat entfaltete sich mit jeder Umdrehung aufs Neue. Qualen, die man nur bei diesem Rennen erlebt, aber vielleicht macht gerade auch das den Mythos “Ötztaler” aus. Es ist kein Wettkampf gegen den Fahrer vor dir, sondern ein Kampf gegen die Uhr und vor allem gegen den härtesten Gegner – sich selbst. Während ich mich diesen einfach nicht enden wollenden Anstieg hochquälte, mich dem Ziel immer mehr näherte, musste ich mich aber auch immer mehr damit abfinden, dass mein Traum von den 7:30 h sich gleichzeitig immer weiter entfernt.
Schlussendlich nahm aber zum Glück auch das Timmelsjoch ein Ende und ich erreichte erleichtert das Ziel nach 7:42 h. Im ersten Moment war ich schon gewissermaßen enttäuscht, den so greifbaren Traum doch nicht erreicht zu haben. Doch ich wurde mir auch schnell bewusst, was ich heute dennoch erreicht habe und vor allem was für einen Tag ich heute erleben durfte. Den Ötztaler gesund, bei diesem tollen Wetter zu bewältigen, ist einfach nur ein gewaltiges, einzigartiges Erlebnis.
Leider konnte Martin Föger heuer nicht starten, da er unmittelbar vor dem Rennen an einer Bauchgrippe erkrankt ist…
Ebenfalls muss hinzugefügt werden, dass auch einige weitere Fahrer unseres Team am Start waren und super Zeiten fuhren, leider kann ich nicht die Eindrücke von allen in diesem Bericht schildern, nur kurz zu Kevin Neurauter: er war bereits in Längenfeld in einen Sturz verwickelt und dabei wurde sein Rad ganz schön in Mitleidenschaft gezogen. Bis Ötz ging noch alles gut. Beim Antritt Richtung Küthai war es dann Gewissheit – die Schaltung war komplett hinüber und ein Weiterfahren mit diesem Rad nicht mehr möglich. Zuerst wurde versucht ein anderes Rad für Kevin umzubauen doch dies war leider nicht möglich. Den Ötztaler schon abgeschrieben bekam er dann doch noch ein Reserverad aus dem Servicewagen. Er fuhr so seinen Ötztaler auch fertig – Respekt und Gratulation!!
Gratulation auch an alle HaiBiker die den Ötztale benden konnten:
Alexander Kneissl: 8:32 h
Gabriel Krabacher: 9:19 h
Thomas Mussack: 9:36 h
Daniel Stockner: 9:53 h
Christian Gapp: 10:06 h
Kevin Neurauter: 11:17 h
Mario Kometer: 11:17 h
Sven Laurin: 11:20 h
Horst Friedrich: 11:20 h
Rainer Fellner: 12:13 h
Jeder der das Ziel in Sölden erreicht, hat seine eigene Geschichte geschrieben und wurde Teil vom Mythos “Ötztaler”.
In diesem Sinne: 36. Ötztaler Radmarathon, wir warten auf dich! Also schon mal den 28. August 2016 dick im Kalender markieren. Die Motivation ist schon wieder voll da!
Bericht: Philip Handl und a bissle Michael Kirschner
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